Mittwoch, 21. Januar 2015

Von der Exceltabelle zum Babygeschrei

der versprochene Urlaubspost muss nun leider doch noch ein wenig warten – zunächst ein Update zum Projekt

Am 17. Dezember war es endlich so weit: ich verließ meinen Schreibtisch im Öffentlichkeitsarbeitsbüro und begann meinen ersten Tag im Public Health Departement (PHD). Diese Abteilung vereint die verschiedensten Bereiche unter sich: HIV/AIDS-Klinik, Tuberkulose-Klinik, Schwangeren-Betreuung, Immunisierung (vor allem von Kindern im Alter von 3 Wochen bis 9 Monaten), PMTCT-Clinic (Prevention of Mother to Child Transmission = Schutz des ungeborenen Kindes, von der Mutter das HI-Virus übertragen zu bekommen), Nutrition (Ernährungsstandbestimmung und Ernährungsberatung) und Community-Outreaches, School Health und Homevisits (Gesundheitsversorgung in Gegenden mit schlechtem Zugang zu Gesundheitszentren, Schulgesundheit und Hausbesuche). Das PHD ist die größte Abteilung des Lubaga Hospitals. Ein Teil der Krankenschwestern und Hebammen arbeitet allerdings nur in Teilzeit dort und den Rest ihrer Zeit auf anderen Stationen des Krankenhauses.

Meine ersten Tage verbrachte ich auf der Immunisierungsstation. Ich durfte Polio-Schluckimpfungen in Kindermünder tropfen, die Impfungen mit vorbereiten und Mutter-Kind-Pässe ausfüllen.
Die Mütter kommen gegen 8 Uhr in das Krankenhaus, müssen sich registrieren, bezahlen und hören sich dann einen kurzen Vortrag zum richtigen Umgang mit dem Kind an. Anschließend gehen sie zu der Terrasse, auf der die Kinder geimpft werden. Die Mütter legen ihre Pässe auf den Tisch an dem die Impfschwester arbeitet und setzen sich. Der Stapel wird dann von unten nach oben abgearbeitet: die Mutter wird aufgerufen, es wird geschaut, welche Impfungen das Kind bekommen soll (unter anderem Polio / Masern / Röteln / Tetanus / …) und dann wird je nach Impfung in die Oberarme oder Oberschenkel geimpft. Dabei kann man quasi runterzählen, wann das Baby zu schreien anfangen wird und es gibt natürlich unter den kleinen wartenden Patienten auch viele Solidaritätsheuler, so dass immer ein recht ausgeprägter Lärmpegel auf dieser „Station“ herrscht. Die Haut der Kinder wird dabei nicht desinfiziert sondern nur mit einem in Leitungswasser getauchten Wattebausch gereinigt – die Spritzen hingegen werden steril ausgepackt und auch ordnungsgemäß in einer Gefahrenbox entsorgt. Keine der Impfschwestern trägt Handschuhe, was ich bei der HIV Quote in Uganda nicht riskieren würde. Nach einigen Tagen wurde mir angeboten, dass ich doch auch Impfen könnte, was ich aufgrund meiner fehlenden Kenntnisse trotz Neugier dankend abgelehnt habe. Ich hoffe jedoch, dass mit bei Gelegenheit eine der Schwestern den Umgang mit einer Impfspritze zeigen kann. Zwischen 13.oo und 15.oo sind dann alle Mütter bei uns durch und ich darf Feierabend machen während die zuständige Impfschwester Inventur in der Kühltruhe macht.

Nach einer Woche wechselte ich zum Outreachprogram. Ich bin also einige Tage mit auf Hausbesuche gefahren und habe dort hospitieren können, während die Schwester die vor allem bettlägrigen Patienten untersucht und Medikamente verschrieben hat. Bei diesen Besuchen fühlte ich mich immer ein wenig wie ein Eindringling, denn oft waren mir die genauen Abläufe nicht klar (das ungeschriebene Gesetz in Uganda, vor jemandes Haustür die Schuhe auszuziehen schien für medizinisches Personal in manchen Haushalten nicht zu gelten), ich konnte nur sehr rudimentär mit den Patienten kommunizieren und schlussendlich habe ich dort noch nicht einmal etwas gemacht, sondern nur da gesessen und observiert. Die anderen Tage war ich mit bei den Community Outreaches im Großraum Kampala. Dort habe ich auch bei der Immunisierung der Babies und Kinder und bei der Medikamentenausgabe mitgeholfen. Je nach Gebiet und damit verbunden je nach Patientenzahl, verbringt man dort seine Zeit von 9.30 bis 16.30.

Die vergangenen Tage war ich nun in der HIV/AIDS-Klinik. Meine Aufgabe dort war es, die Patienten, nachdem sie sich registriert und ihre Akte bekommen haben, zu „vermessen“: Name, Alter, Wohnort, Gewicht, Temperatur, Ernährungsstand. Nachdem ich diese Werte aufgenommen habe misst eine Schwester Blutdruck und erfragt Dinge wie Beschwerden (Husten,...) oder die letzte Regelblutung (um sie ggf. zur Schwangerenberatung und in die PMTCT überweisen zu können). Es wird außerdem geschaut, ob der Patient neue Termine für Tests/Blutuntersuchungen braucht und die Schwester stellt fest, ob ein Gespräch mit dem Arzt oder eine Ernährungsberatung notwendig sind. Hier arbeite ich von 8 bis 13.oo oder 14.oo - ohne Pause aber dafür habe ich früh frei (..und kann Wäsche waschen..). Was das Krankenhaus auch anbietet sind Hausbesuche bei neu registrierten HIV/AIDS Patienten um ihnen beratend zur Seite zu stehen, wie sie die hygienischen Bedingungen in ihrem Haus verbessern können. Wenn jemand positiv auf HIV getestet wurde stehen ihm außerdem verschiedene Gesundheitsleistungen kostenfrei zu – unter anderem Krebs-screenings und Urintests von Schwangeren.

Demnächst werde ich noch einen Einblick in das Natural Family Planning Project bekommen können und auch in die Schwangerschaftsvorsorgestation.

Ich bin derweil (doch schon - die Zeit verfliegt!) auf meinem Zwischenseminar mit den Tanzania Freiwilligen und werde diese auch ab Montag für 1 bis 2 Wochen besuchen fahren.

etwas Niedliches zum Schluss: Mama mit Baby im Botanischen Garten in Entebbe beim Zwischenseminar

Samstag, 10. Januar 2015

Grashüpfer statt Lebkuchen II

Iselin und ich waren unterdessen, parallel zum Vorweihnachtstrubel, weiterhin auf Wohnungssuche. Weiterhin, weil wir bereits Mitte November den Versuch unternommen hatten, uns für Dezember etwas zu suchen – da wurde uns jedoch gesagt, wir sollen es doch 3 bis 5 Tage vor unserem gewünschten Einzugsdatum noch einmal versuchen – zwei Wochen würde uns niemand eine Wohnung reservieren. Also gut: dann suchen wir halt nochmal später, ganz spontan (diese Vorgehensweise widersprach nun wirklich vollkommen meinem gewohnten Planungssinn). Wenn man hier eine Wohnung sucht funktioniert das grundsätzlich auf zwei Wegen: 1. über Verbindungen, 2. über einen Broker (=Makler). Ich streute also unter meinen Kollegen die Information, dass ich auf Wohnungssuche war, wir riefen bestimmt 10 Broker an und trafen uns mit dreien, wir besichtigten eine Wohnung von einem ugandischen Freund und entschieden uns dann auch für diese. Die Wohnung wäre allerdings erst am 5.12. frei – ist ja nicht schlimm, eine Woche können wir ja auch noch in der Gastfamilie bleiben. Wir sagten also unseren Brokern ab und freuten uns auf unsere erste gemeinsame Wohnung. Am 1.12. also vier Tage vor dem geplanten Umzug bekam ich dann einen Anruf von unserem Freund/Vermieter, dass das mit der Wohnung wohl so doch nichts werden würde. Sein Bruder bräuchte diese noch einmal ein paar Wochen und die vereinbarten Renovierungsarbeiten waren ihm nach nochmaliger Überlegung doch zu aufwendig und zu teuer.. Da standen wir nun also da, hatten unseren Gastfamilien gesagt, dass wir ausziehen würden und hatten nun doch keine Bleibe. Nach vielen, vielen weiteren Wohnungsbesichtigungen riefen wir dann einen Broker vom Anfang erneut an: die Wohnung, die er uns da gezeigt hatte und die wirklich wunderschön, wenn auch eigentlich ein wenig zu teuer war, war noch frei! Wir sind also direkt am nächsten Tag, am 18.12. dort hin gefahren, haben 3 Monatsmieten bezahlt (1,5 Millionen UGX) und uns wurde versprochen, die Wohnung innerhalb von zwei Tagen bezugsfertig zu machen (Streichen, Putzen, Steckdosen nachjustieren..). Das heißt: Umzugstermin Samstag der 20.12.2014. Ich rief einen Special Hire Driver (privater Taxifahrer) an und bestellte für 12:00 einen großen Kombi, 6Sitzer - „wir sind zwei Personen mit sehr viel Gepäck und einem Regal!“. An besagtem Tag packte ich also meine sieben Sachen und „pünktlich“ 12:45 fuhr ein sehr sehr kleines Auto vor meiner Einfahrt vor. Wider aller Hoffnung war das wirklich das bestellte große (Umzugs)Auto. Es folgten Diskussionen, erneute Verhandlungen und die Abfahrt des angeheuerten Fahrers, der probieren wollte, etwas Größeres aufzutreiben. Überrascht war ich nicht – ich hatte jedoch eher erwartet, dass er einfach gar nicht oder an einem anderen Tag auftauchen würde.. Das Glück war aber dann doch mit uns: ein Cousin fuhr zufällig vorbei und diesem gehört ein Allrad-Safari-Fahrzeug. Kurzerhand wurde also ihm der Auftrag übergeben, mein Regal wurde aufs Dach geschnallt, Iselin mit ihrem Gepäck auf dem Weg aus Nansana eingesammelt und im vierten Matratzenladen (so etwas dauert hier: Verhandeln, Weggehen, zurückgerufen werden, Verhandeln, endgültig Weggehen und den nächsten Händler aufsuchen..) kauften wir uns unsere „Betten“, die auch hinten ans Auto gebunden wurden. Die Trockenzeit war auch an diesem Tag wieder beispielhaft trocken und heiß – so macht Umziehen, vor allem da nicht ins Erdgeschoss, Spaß..
Aber dann war es endlich so weit: wir hatten UNSERE Wohnung. Wir können selbst bestimmen, wann und was wir essen möchten, wir können zeitig ins Bett gehen aber auch spät nach Hause kommen, ohne jemanden zu stören..

Erstes Frühstück auf unserem Balkon

Der 4. Advent konnte nun also endlich in den eigenen vier Wänden begangen werden: Weihnachtsmusik, Kerzen, Mini-Adventskranz, Zimttee und Lebkuchen – so langsam wurde es dann auch mir bewusst: in drei Tagen ist Heiligabend! Und ich freute mich wirklich darauf, das hätte ich nicht mehr erwartet, aber mit dem Wissen, den 24. fast wie zu Hause verbringen zu können, ging es dann doch.

Als es um 7 dunkel geworden war, setzten wir uns mit unserem Weihnachtstee neben unseren Baum und es wurde gelichtelt und beschert. Das war wirklich schön – fast wie zu Hause, welches dank skype auch anschließend noch für eine halbe Stunde nach Uganda geholt wurde.

Am 25.12. fuhren wir also bei Zeiten nach Nansana, um bei den Weihnachtsvorbereitungen in meiner Gastfamilie zu helfen. Es wurden wieder Berge an Essen gekocht für das unter anderem 3 Hühner und eine Ziege geschlachtet wurden. Die Ziege wurde dann direkt neben mir und meinem Berg Gemüse, das es zu schnippeln galt, mit einer Machete zerlegt. Die Angst um mein Kleid schien mir wohl ins Gesicht geschrieben, denn alle meine Gastbrüder lachten mich aus.

Statt um 2 wurde um 5 gegessen und da die Anfangszeit nicht eingehalten wurde schien man wohl zu der Entscheidung gekommen zu sein, das ganze Programm über den Haufen zu werfen. Die festlichen Reden verschiedenster Familienmitglieder wurden also übergangen und man ging sofort dazu über, diverse Kuchen anzuschneiden (eine meiner Gastschwestern hatte Geburtstag und es gab noch einen Weihnachtskuchen und Kuchen, deren Bedeutung mir nicht ins Englische übersetzt wurde). Das Anschneiden von Kuchen wird im Übrigen sehr häufig, zu so ziemlich jedem Anlass, zelebriert. Man schickt Dankeskuchen, Kuchen nach einer Hochzeit, zur Geburt eines Kindes, zum Geburtstag.. Diese Kuchen sehen zu 90% folgendermaßen aus: Rührkuchen in hell oder dunkel, quadratisch, rund oder herzförmig und immer fingerdick mit Zuckerguss überzogen auf welchen in bunter Zuckerschrift die Bedeutung des Kuchens geschrieben steht.

links das Geburtstagskind
rechts die hochrangigen Familienmitglieder

Der nächste Programmpunkt – die Geschenkepräsentation – wurde dann wieder planmäßig abgehalten. Die hochrangigen Familienmitglieder (mein Gastvater, die Gastmutter, eine Schwester des Vaters und eine mir unbekannte Frau) durften auf Stühlen auf der Veranda sitzen und wir, publikumsartig, auf Stühlen zu ihren Füßen. Einzelne Namen wurden verlesen (neben den vier erwähnten noch drei andere) und diese Personen wurden dann beschenkt: man tanzt mit seinem Geschenk zu der jeweiligen Person, umarmt sich und legt das Geschenk auf einen Tisch. Wenn die Runde für die Person vorbei ist, packt er seine Geschenke zusammen und macht Platz für den Nächsten. Geschenke werden in Uganda grundsätzlich nicht sofort ausgepackt, sondern erst wenn man allein ist, so konnte ich leider nicht sehen, wie gut meine Weihnachtsgeschenke bei meiner Gastfamilie ankamen. Danach war der „offizielle“ Teil des Weihnachtsfestes beendet und es wurde getrunken, getanzt und sich unterhalten bis dann gegen halb 12 die ersten Gäste den Heimweg antraten nachdem ihnen die angemieteten Plastikstühle quasi unter dem Hintern weggeräumt wurden waren. Iselin und ich fuhren zurück nach Hause und machten uns dann aber von da aus noch einmal auf den Weg, denn wir hatten erfahren, dass man an Weihnachten, nachdem man mit seiner Familie gefeiert, getrunken und gegessen hat noch weggeht. Die Bars und Clubs waren auch wirklich gut besucht und in der einen oder anderen Ecke der Tanzfläche konnte man Weihnachtsmützen entdecken...
Nachdem wir uns am 26. von der ganzen Weihnachtsfeierei erholt hatten, machten wir uns am 27. früh um 6 auf den Weg in den Urlaub – doch dazu mehr im nächsten Eintrag!

Bis dahin wünsche ich euch allen (wenn auch ein wenig spät) einen guten Start ins Jahr 2015 und danke euch von Herzen für die Unterstützung jeglicher Art, ob durch euer „Zuhören“ hier auf meinem Blog, durch Briefe und E-Mails oder durch Care-Pakte. DANKE!

Dienstag, 6. Januar 2015

Grashüpfer statt Lebkuchen

Guten Abend ihr Lieben,

zunächst: es tut mir sehr, sehr leid, dass es hier so still geworden ist in den letzten (ach herrje inzwischen bereits) Monaten – aber ich werde deshalb nicht schlecht schlafen. (Anm. d. Kängurus)
Wieso weshalb warum? Nun, erst war es mein Internetstick, der wochenlang nicht so wollte wie ich und als dieses Problem behoben war hat sich dann direkt mein Laptop höchstselbst verabschiedet. Der ugandische Staub und die Transportbedingungen der ersten Wochen sind ihm schlussendlich wohl doch zu viel geworden und nun habe ich erst einmal keine funktionierende Tastatur mehr. An dieser Stelle: DANKE Iselin, dass ich deinen Laptop nutzen darf.
Nun zum eigentlichen Eintrag:

Ende November und somit der erste Advent rückten immer näher und ich hoffte vergeblich auf die besinnliche Vorweihnachtsstimmung, waren es doch meist um die 30°C mit Tendenz nach Oben, denn die Trockenzeit beginnt ungefähr zum Dezember. Neben den für mich völlig verkehrten klimatischen Bedingungen fehlten der schöne Stress der Geschenkebesorgung, das Lichteln ab 16.00, der Geruch von Zimt, Glühwein und frisch gebackenen Weihnachtsplätzchen und vor allem, dass man zu dieser Zeit des Jahres eigentlich mit seiner Familie zusammenkommt – Adventskaffee bei Oma, Backen mit der kleinen Schwester, Dekorieren mit Mama..
Ein bisschen weihnachtlich wurde es dann doch bei mir, denn es waren Päckchen aus Deutschland angekommen, die unter anderem Weihnachtsgebäck und -tee und einen Adventskalender enthielten. Türchen für Türchen wurde es also bei mir heißer und trockener, aber Weihnachten wurde auch immer präsenter. Ganz nach amerikanischem Vorbild wurden Geschäfte, Einkaufszentren, Büros und Banken in ein blinkendes, buntes Lichterspektakel getaucht. An jeder Ecke gab es nun Plastikweihnachtsbäume, glitzernde Deko, und die „besten Geschenkideen für das Fest“ zu erwerben. (Beliebte Geschenke sind, habe ich mir sagen lassen: Reiskocher, Thermoskannen, Schmuck und Süßigkeiten) Einige der Kollegen in unseren Projekten fingen bereits Mitte November an, sich auf Weihnachten vorzubereiten – viele haben ihre Rasen gemäht, die Bäume im Vorgarten verschnitten und die Wände noch einmal neu gestrichen (Was hier meist so aussieht, als hätte ein Kind mit dem Farbeimer gespielt – es wird dort partiell gestrichen, wo es offensichtlich notwendig ist und eine Marmorierung der Wände ist das Ergebnis..). Auch meine Gastfamilie traf sich inzwischen fast täglich in der Küche zu Krisensitzungen an denen auch Familienmitglieder teilnahmen, die nicht hier wohnen. Das Thema der Treffen: Weihnachten. (wird in Uganda am 25.12. gefeiert) Dieser spezielle Tag sollte in unserem Haus zelebriert werden: Mr. James und Familie laden ein! Die Einladungslisten, auf die ich einen Blick werfen konnte umfassten 5 A4 Seiten, dicht beschrieben. Es wurde ein Programm erstellt mit Uhrzeit und verantwortlicher Person, es wurden Komitees gebildet und Einladungskarten und -SMS verschickt. Einen solchen organisatorischen Aufwand fürs Weihnachtsfest habe ich bisher in noch keiner deutschen Familie erlebt.. Als dann der erste Advent heran gekommen war, verbrachte ich diesen in der Gastfamilie und teilte mit allen meine Lebkuchen, die auf großen Anklang stießen. Den darauffolgenden Sonntag fuhren Iselin und ich an den Victoriasee (wenn schon eine seltsame Adventszeit, dann wenigstens komplett „verkehrt“) und gruben unsere Füße in den Sand und hielten unsere Nasen in die äquatoriale Sonne. Man kommt sich dort wirklich vor, wie am Meer – wunder, wunder schön!

Die Trockenzeit bringt nun nicht nur die offensichtlichen Dinge wie Trockenheit, Hitze, sehr viel Staub und Dreck, eine hohe Geruchsintensität und leere Wassertanks mit sich, sondern auch Grashüpfer und Mangos. Letzteres wurde von uns Freiwilligen mit großem Hallo begrüßt: frische Mangos für ca. 10 bis 20 Cent! Die Grashüpfer hingegen lösen bei der örtlichen Bevölkerung einen regelrechten Hype aus. Man kann diese tassenweise, fast überall, kaufen: an jeder Straßenecke, durchs offene Matatufenster oder bei der Nachbarin. (Ensenene = Grashüpfer) Mit „Ensenene, Ensenene“-Rufen werden einem Plastiktütchen mit den Tierchen unter die Nase gehalten. Erwerben kann man diese in verschiedenen „Verarbeitungsstadien“: lebend, tot ohne Gliedmaßen oder bereits frittiert und gewürzt. Mit jedem Schritt werden die Grashüpfer teurer. Bekommt man die naturbelassene Variante noch für 15cent pro Tasse, so bezahlt man für die gerupften Tiere schon 50cent und für die verzehrfertige Variante 1€ und mehr. Angelockt durch riesige Scheinwerfer springen/fliegen die Insekten in Trichter aus Wellblech aus denen sie dann nicht mehr von allein heraus kommen. Meine Grashüpfererfahrung kam ziemlich unvorbereitet am 3. Advent. Ich hatte mich gerade, noch völlig verschlafen, aus meinem Zimmer in Richtung Latrinen getraut, festgestellt, dass ein verregneter grauer Gewitterhimmel über mir hing und wollte mich eben wieder mit Buch und Tee ins Bett bewegen als ich über eine Schüssel lebendiger Grashüpfer in unserer Küche stolperte.


Rose, meine Gastschwester, fragte mich ob ich Angst vor den Tierchen hätte und nachdem ich das unsicher verneint hatte bat sie mich um Hilfe bei der Zubereitung. Da kann ich ja schlecht nein sagen, außerdem roch das nach einer der Erfahrungen, die ich mir erhofft hatte zu machen. „Rose, wie tötet ihr die Grashüpfer denn?“ Als Antwort bekam ich nur einen verständnislosen Blick, sie tauchte ihr Fingerspitzen in Asche, schnappte sich ein kleines grünes Tier und begann ihm systematisch Beine, Flügel und Fühler auszurupfen. Der immer noch lebende und sich windende Rumpf des Tieres wurde in eine zweite Schüssel geworfen. Aha – die Tiere werden also nicht getötet, zumindest nicht „kurz und schmerzlos“. Na gut: dann mal ran! Für die nächsten drei Stunden rupfte ich also Grashüpfer, was zu Anfang gar nicht so einfach war, wie es aussah, denn die Grashüpfer winden sich, beißen und der Körper ist ganz weich, so dass man sehr genau schauen muss, wo man sie anfasst damit man sie nicht zerquetscht, wenn man ihnen Beine und Flügel ausreißt.
Nach dem Rupfen werden sie nochmal gewaschen und dann zusammen mit Zwiebel, Paprika, Tomate und Gewürzen in Öl angebraten. Fertig schmecken sie ein bisschen wie Chips, ein bisschen nach Schrimps (auch die Konsistenz ist ähnlich der Meerestiere) und ein bisschen nach.. Grashüpfer?

der restliche Eintrag folgt innerhalb der nächsten beiden Tage also schaut dann bitte nochmal rein