Sonntag, 19. Oktober 2014

Und wenn mal was passiert, dann alles auf einmal.

Letztes Wochenende war für Samstag, den 11.10.14, Sarahs und meine „Welcome Party“ angesetzt. Meine Gastfamilie hatte die Verwandtschaft eingeladen und wir einige Mitfreiwillige. Früh sollte eingekauft werden, um dann Berge von Essen produzieren zu können. Hier musste ich die ganze Sache allerdings unplanmäßig verlassen, denn eine Fahrt zum Arzt tat Not. Iselin war es schon die letzten Tage nicht sonderlich gut gegangen und als dann Freitagabend Fieber dazu kam fiel die Entscheidung, doch besser einen Mediziner einen Blick drauf werfen zu lassen. Mit der bloßen Entscheidung ist es hier aber nicht getan – mal eben um die Ecke zu seinem Hausarzt des Vertrauens zu gehen, funktioniert hier nun einmal nicht. Was braucht mann denn überhaupt, wenn man hier zum Arzt geht? Geld! Viel Geld – wie viel hier eine Behandlung wohl kostet? Hm vielleicht noch den Impfausweis und das Formblatt von der Versicherung?! Englische Vokabeln, um Symptome beschreiben zu können und pack bitte eine Wasserflasche ein. Es wurden andere Freiwillige, das Internet und der Reiseführer befragt und die Wahl fiel schlussendlich auf das „International Medical Center“ – Anschrift: irgendwo auf der Bombo Road in einem dubiosen KPC building. Hm. Naja – lass uns erst einmal nach Kampala fahren. Im Taxi Park finden wir bestimmt ein Matatu, dass dort hinfährt. Gesagt getan: einmal Matatufahrt nach Kampala. Definitiv nicht die schönste Sache, wenn es einem schlecht geht. Mit mehr Menschen als Sitzplätzen in den Minibus gequetscht zu sein, der mit unzureichender Federung dafür mit ausreichender Geschwindigkeit auch wirklich keines der zahlreichen Schlaglöcher auslässt. Wenn man das dann nach knapp einer Stunde überstanden haben sollte wartet die nächste gesundheitsfördernde Maßnahme – sich einmal über den überfüllten Taxi Park drängeln und versuchen, ein Matatu zum Zielort zu finden. Nicht fehlen dürfen hier natürlich auch alle Ugander, die weiterhin gerne dein Boyfriend sein oder die Weiße mal anfassen wollen. Nachdem wir bestimmt fast 10 Conducter gefragt hatten, wo wir denn ein Matatu zur Bombo Road finden, hatte ich die Hoffnung schon fast aufgegeben, Iselin heute noch heil zum Arzt zu bringen. Doch dann eine unerwartete Wendung – eine junge Frau, sie stellte sich uns als Harriet vor, hatte beschlossen die zwei weißen, orientierungslosen Mädchen zu retten. Sie wusste zwar auch nicht, wo wir dieses building finden sollten, aber eine weitere Frau konnte da aushelfen und Harriets Gesicht erhellte sich. „Das ist direkt hier – quasi um die Ecke! Ich organisiere euch zwei Bodafahrer. Die sollen euch hinbringen.“ Tja.. das klappte dann auch nicht so optimal. Die Bodafahrer waren maßlos überteuert und dann fiel ihr auch wieder ein, dass ja heute Uganda gegen Togo spielt und die Bodafahrer, in Feierlaune, vermutlich nicht mehr ganz nüchtern. Bodafahren heute also keine gute Idee. „Iselin, kannst du laufen? Wir müssen wirklich nur die Straße dort hoch!“ Weit war es nicht – aber im überfüllten Kampala, das nur partiell einmal Bruchstücke eines Fußweges aufweist und man ständig der Kollision mit diversen Transportmitteln, Menschen mit Säcken auf dem Kopf, Tieren, Kindern und auf dem Boden ausgebreiteten Waren ausweichen muss, werden auch kurze Wege zu Wanderrouten. Nach ungefähr 20 Minuten hatten wir, also hatte vor allem die tapfere Iselin, es geschafft. Das building stellte sich als Mall heraus und das Medical Center als schlichte Arztpraxis in eben dieser. Tausend Dankesworte an Harriet, Handynummern wurden ausgetauscht und aber dann, endlich, Iselin an den Empfangstresen schieben. Ein Patientenaufnahmeformular ausfüllen, warten, Blutdruck/Gewicht/Große von einer Schwester bestimmen lassen, warten, kurze Unterredung mit dem Arzt – „hört sich nach Lebensmittelvergiftung an, aber wir testen lieber trotzdem auch auf Malaria“, Blut abnehmen lassen, auf die Testergebnisse warten, Testergebnisse uneindeutig aber zumindest kein Malaria, weitere Proben abgeben, warten, dann endlich: Lebensmittelvergiftung! Ihr wurden Antibiotika und Schmerzmittel ausgehändigt und insgesamt 60.000UGX (20€) wechselten den Besitzer. Die Praxis hat mich definitiv überzeugt. Alle sind sehr nett, sprechen fließend Englisch und Hygiene scheint groß geschrieben zu werden.
Die Rückreise nach Nansana wurde angetreten und gegen halb fünf war ich wieder zu Hause. Da hatte sich schon viel getan. Sarah und meine Gastfamilie hatte die gesamten vergangenen Stunden Gemüse geschnippelt, Reis entsteint und diverse Gerichte in Bananenblätter gepackt und auf sehr viele Holzkohleöfen gestellt. Für mich blieb nur noch, Obst aufzuschneiden. Papaya, Jackfrucht, Ananas. Unsere immer stumpfen Messer gewöhnt machte ich mich auch mit viel Krafteinsatz ans Werk, aber irgendwie hatte ich da tatsächlich einmal ein scharfes Messer in der Hand. Also nun wortwörtlich in der Hand, aber es gibt ja Wunddesinfektionsspray – so schnell wollte ich dann auch nicht wieder im International Medical Center vorstellig werden. Gegen acht habe ich mich fix umgezogen und schon trudelten auch die ersten Gäste ein, schließlich wurde beim Einladen „Beginn gegen 18:00“ gesagt. So langsam kann ich auch in ugandischen Zeitdimensionen planen. Wir wurden sehr, sehr vielen Familienmitgliedern (und ich glaube auch Freunden und Nachbarn) vorgestellt, aber da durchzusehen habe ich inzwischen aufgegeben. Was mich an der Sache bisher so verwirrt hat, war ja, dass sich Brüder als Cousins und Mütter als Tanten herausgestellt haben – inzwischen habe ich dank meines Luganda Kurses eine Erklärung:
„Maama“ = Mutter / Tante mütterlicherseits / Zweit(3.,4.5.,..)frau des Vaters
„Taata“ = Vater / Onkel väterlicherseits
Parallel dazu werden halt auch Neffen, Söhne genannt und Cousins oder auch Nachbarskinder, die sehr oft da sind, Brüder. „It´s Uganda! The families are extended.“

Hintere Reihe von Rechts nach links: Mr. James (mein Gastvater), Flavia (meine Gastmutter, wohnt woanders), Sam (Mentor von UPA – meiner Aufnahmeorganisation), Martin (ein Gastbruder, der oft da ist aber woanders wohnt), Sarah (die Freiwillige, die mit mir hier wohnt), Moses (Falvias Sohn, wohnt hier), Godfrey (Neffe von Mr. James, wohnt hier)
Die junge Frau im lila T-Shirt neben mir ist Rose (irgendwie vielleicht eine Nichte von Mr. James, wohnt hier und ist quasi das Hausmädchen)
Der Rest auf dem Bild gehört wohl auch irgendwie zur Familie..

Die Feier ging glaube ich bis gegen 2 Uhr Früh – ich habe mich aber schon halb eins ins Bett verabschiedet und konnte trotz meiner halben Wände und fehlender Decken wunderbar schlafen. Sonntag konnte ich dann auch wirklich zum ersten Mal hier in Uganda ausschlafen – bis kurz nach 10 – ein Traum! Zum Frühstück gab es Reste des Riesenbuffets vom Vortag, anschließend habe ich fast 4 Stunden Berge von Abwasch bewältigt und weil meine Finger noch nicht aufgeweicht genug waren habe ich noch 2 Stunden Wäsche waschen hinten dran gehangen. Abends bekamen wir dann Familienzuwachs: Sarahs Freund ist aus Kanada angereist. Er ist gebürtiger Ugander, in Kenia aufgewachsen und hat die vergangenen Jahre in Kanada gelebt. Momentan wohnt er nun auch hier – dahingehend ist unsere Familie echt ein Glückstreffer. „Visitors“ sind jederzeit herzlich willkommen. Iselin hat zum Beispiel auch schon zweimal hier geschlafen. Als wir dann alle gemeinsam draußen im Garten saßen standen plötzlich ein paar Ugander bei uns im Garten. Sensation: der eine hatte doch tatsächlich ein Freiberger Base Cap auf dem Kopf. Sachen gibt’s.. da grüßt mal wieder der Kleider“spende“kreislauf.

13.10.14: eine neue Arbeitswoche beginnt und diese steht ganz im Zeichen der Dreharbeiten für den Krankenhaus-Image-Film.
Ich habe die ganze Woche über, neben meinen üblichen Tätigkeiten, die Frauen von „African Visuals“ begleitet um nebenbei Fotos für den Jahrplaner 2015 zu schießen und um den verschiedenen Stationen zu erklären, dass die Dreharbeiten offiziell sind und schon alles seine Richtigkeit hat. Am Montag waren wir unter anderem im Labor.
Montagnachmittag gab es dann auch eine Premiere für mich: wir sind zu einer der öffentlichen Außenstellen gefahren und ich habe bei einem echten Patienten Fieber gemessen, ihn gewogen und den Ernährungsstand mithilfe eines speziellen Maßbandes bestimmt. Endlich einmal ganz kurz Fieberthermometer statt Exceltabelle. Mittwoch stand ein weiter Ausflug auf dem Programm: wir haben einen Patienten in Kagiri besucht – das liegt zwei Dörfer hinter Nansana. Elena, die Filmcrew und ich sind im Krankenwagen mitgefahren, der hat zwar eine bessere Federung als die Matatus aber mit einer ernsthaften Verletzung möchte ich damit nicht transportiert werden – ich muss unbedingt herausfinden, ob hier auch Patienten mit Hubschraubern transportiert werden.


Die Fahrt dorthin war wirklich schön: zauberhafte, grüne Landschaft, Luft die man atmen kann und außer Geräuschen der Natur Nichts zu hören. Wenn das nicht so fürchterlich weit vom Lubaga Hospital entfernt wäre, hätte ich die Gegend direkt auch meine „da möchte ich im November hinziehen“- Liste gesetzt.

Der Grund für unsere Fahrt war allerdings nicht ganz so schön. Ein Mann wurde vor Jahren in einem Krankenhaus hier operiert, weil er öfter Taubheitserscheinungen in den Beinen hatte. Die OP war nicht erfolgreich und seitdem ist er steißabwärts gelähmt. Der Eingriff hat außerdem zwei große Wunden – eiergroße Löcher - am Gesäß hinterlassen. Diese wurden nun von einer Schwester gesäubert – Elena hat dabei assistiert. Das war definitiv eine außergewöhnliche Erfahrung, dabei zusehen zu dürfen.

Noch einige Impressionen meines Arbeitsplatzes:
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Das „Public Relations Office“ – links der Schreibtisch meiner Kollegin Anne (ja, sie ist, wie zu sehen, eine Uganderin – viele tragen hier deutsche[Herbert] oder englische[Trust] Vornamen) und rechts der meinige (nicht der günstigste Platz – direkt gegenüber der Tür und täglich 13:15 läuft dort eine Horde Schulkinder vorbei, die dann erst einmal an meiner Tür kleben bleibt und „Muzungu! Mzuzungu!“ schreit)

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Links besagte Tür zu meinem Büro. Rechts: Eingang zur Rezeption und zu weiteren Verwaltungsorganen.

Einer der Gänge zwischen Verwaltungstrakt und den Stationen.

Krankenhausgelände – auf den Wiesen darf man Sitzen / Avocadobaum

Eine der beiden Kantinen (Mittagessen, fleischlos, für 1€)

Dieses Wochenende war ziemlich entspannt. Freitag Nachmittag haben Iselin und ich im Garten gesessen und einen eher kläglichen Versuch gestartet, unserer Muzungu-Blässe zu entkommen (irgendwie werde ich in der ugandischen Sonne nicht wirklich braun – vielleicht weil Winter ist?!). Abends blieb es dann auch bei dem Versuch, eine DVD zu schauen, denn die Filme, die man hier für 33cent bekommt können unter Umständen vielleicht eine Tonspur haben, die nicht für menschliche Ohren und schon gar nicht für die natürliche Umgebungslautstärke Ugandas ausgelegt ist. Glücklicherweise konnte ich aber noch eine Serie auf meinem Laptop ausfindig machen und der Abend war gerettet. Samstag sind Iselin und Ich nach einem ausgiebigen Frühstück nach Kampala aufgebrochen. Unser Ziel: der Kunstgewerbemarkt. Der Grund: Weihnachtsgeschenke. Wer weiß schon, wie lange ein Päckchen nach Deutschland braucht? Auf dem Rückweg bin ich doch dann auch tatsächlich über ein Café&Kaffeerösterei gestolpert. Das kommt uns doch bekannt vor.. Ich hatte auch wirklich sehr Heimweh nach „meinem“ MOMO zu Hause und mir hat es arg in den Fingern gekribbelt, als ich da zwischen der Siebträgermaschine und den Kaffeesäcken stand. „1000 cups of coffee“ nennt sich der Laden, ist wirklich süß gestaltet und vor allem endlich einmal ein wenig ökologisch – keine Plastiktüten, dafür Recyclepapier – ich glaube dort wird man mich demnächst öfter sehen.
Heute, Sonntag (19.10.) stand mal wieder im Zeichen der Hausarbeit – das verkürzt so ein Wochenende schon ziemlich, wenn man nicht einfach früh die Waschmaschine und den Geschirrspüler anstellen kann und da hatte ich heute schon Glück. Gestern gab es nämlich kein Wasser. Das war heute wieder da, allerdings auch ausreichend Wasser von oben. Regenzeit. Wolkenbrüche. Ich habe also versucht jeden Moment abzupassen, in dem es mal nicht geregnet hat und so hat sich das Wäsche waschen ziemlich hingezogen aber es gab ja auch drinnen genügend zu tun. Diesen Blogeintrag hier schreiben, die Wohnung wischen, Bügeln, Luganda lernen und einen Berg Kochbananen für die Familie schälen. Das Schälen an sich ist auch gar nicht so schlimm, aber die Schalen sondern irgendein Sekret ab, was die Hände nahezu schwarz färbt und anschließend kann man schon einmal fast eine viertel Stunde seine Hände schrubben, damit man wieder als Muzungu erkennbar ist. Eigentlich wöre dS auch mal eine Idee um „unerkannt“ durch die Stadt laufen zu können: sich mit Kochbananenschalen einreiben.

Diese Zeitgenossen winken einem fröhlich, wenn man die Latrine aufsucht und kleinere Verwandte dieses Exemplares scheinen auch eine wichtige Handelsroute in meinem Zimmer zu haben (bevorzugt Abends - vermutlich Feierabendverkehr)

Donnerstag, 9. Oktober 2014

Independence Day

Hier in Uganda wird am 09. Oktober der Independence Day gefeiert. Seit 52 Jahren ist das Land inzwischen unabhängig von britischen Kolonialherren. Dieses Ereignis wurde heute mit einem großen Festakt in Kololo begangen - da war ich nicht, aber es gab eine Live-Übertragung im Lokalfernsehen und mein Gastvater hat auch nahezu das ganze Programm verfolgt: Militär-Märsche, Kapellen, Reden von Staatsoberhäuptern aus Kenia, Tanzania und South Sudan,...

Ich hatte also heute einen freien Tag und wunderbarerweise ist auch gestern Abend mein Regal geliefert wurden, das ich in Auftrag gegeben hatte. Eine Skizze mit Maßangaben und 2/3 des Preises im Vorraus und nach einer Woche war es da, mein neues Möbelstück. Heute stand also Zimmer umräumen und Putzen an und es ist wirklich gleich ein ganz anderes Lebensgefühl - was man nicht alles vermissen kann: Regale, Schränke, Spiegel.. Der Spiegel steht auch immer noch auf meiner Wunschliste..

Update meiner 3,5 Quadratmeter

Mir geht es weiterhin gut hier - mit meinem neuen Regal noch viel besser..
Liebe Grüße aus dem heute viel zu schwül-warmen Uganda, eure Anne-Kathrin

Sonntag, 5. Oktober 2014

Kampala

Papaya-Stand


parkende Boda-Boda-Fahrer und Straßenhändler

Der "Alte Taxi-Park" - Station für Matatus

Straßenbild Kampala Downtown

im UHURU in Kampala Downtown kann man sehr gut lokal Mittag essen für 3.500UGX (also ein bisschen mehr als 1€) - das Pilao (Reis mit Gewürzen wie Zimt oder Nelken und Gemüse) ist richtig gut und hier soll es auch das beste Hühnchen der Stadt geben



Freitag, 3. Oktober 2014

Der Mond hängt hier anders herum..

.. also das hätte man sich ja denken können, aber ich bin immer noch überrascht, wenn ich in den Nachthimmel blicke und der Mond dort in der Horizontalen liegt.


An dieser Stelle: Danke Papa für die Kamera, die sogar die Mondoberfläche sichtbar macht.

Woche 4

Letztes Wochenende habe ich Samstag erneut einen Haushaltstag eingelegt - 3 Stunden Wäsche waschen (diesmal ohne offene Wunden an den Händen) und 1 Stunde putzen (da fällt doch tatsächlich Mäuse- und Geckokot von den Dachbalken in mein Zimmer.. das Brisante an der Sache: ich bekomme nicht die Krise). Sonntag sind ein paar andere Freiwillige und ich dann nach Kampala reingefahren, um zu Frühstücken. Unsere Wahl fiel auf "Brood" - ein niederländischer Bäcker - dort gibt es wirklich richtigen Kaffee aus einer Siebträgermaschine und Vollkornbrot und Käse!!! Käse!!! Es wurde einstimmig beschlossen, einen Stammtisch zu gründen und so kann ich mich übermorgen schon wieder auf ein Frühstück, fast wie zu Hause, freuen.

Ich glaube so langsam bin ich dann doch wirklich hier angekommen. Die kompletten vergangenen sieben Tage ging es mir sehr gut und auch ein kleiner Matatu-Auffahr-Unfall am Montag hat mich nicht allzu sehr aus der Fassung bringen können. Mir geht es inzwischen wieder wunderbar - hatte zu Beginn der Woche unter einem kleinen HWS-Trauma zu leiden, aber eine Schweizer Physiotherapeutin hat sehr gute Arbeit geleistet und mich wieder hergestellt.

Ich fahre inzwischen selbstverständlich zur Arbeit und kann mich zur Not auch von anderen Stationen aus zurecht finden. Im Krankenhaus geht auch alles weiterhin seinen Gang - ich habe inzwischen den Newsletter fertig gestellt und werde mich nun nächste Woche dem Jahresplaner und der Sponsorensuche dafür widmen. Zum Teil ist die Arbeit gar nicht so einfach, da ich auf Kooperation mit den anderen Verwaltungsangestellten in den verschiedenen Büros und mit diversen Ugandischen Firmen angewiesen bin. Diese sprechen Englisch halt nun einmal auch nur als Fremdsprache und Ugander haben auch eine sehr eigene Aussprache englischer Begriffe.. Ich danke tagtäglich dem Umstand, im Englisch Leistungskurs gesessen zu haben.

Rose hat gestern einen Kocher hervorgezaubert, der mit Paraffin funktioniert und ähnlich einem Gasbrenner zu entzünden ist. Nicht mein liebstes Küchengerät, aber ein Schritt in Richtung der von mir so vermissten Selbständigkeit, denn damit kann ich auch mal unabhängig von der Gastfamilie kochen (den Holzkohleofen bekomme ich nicht selbst angezündet - mir ist die Paraffin-Plastiktüten-Technik dafür ein wenig suspekt). Durch diese neue Möglichkeit habe ich auch mein Frühstücks-Menü um Porridge vergrößern können, nachdem ich sehr sehr lange nach Haferflocken gesucht habe. Apropos gesucht: ich habe inzwischen sogar in einer Supermarkt-Kette Sprudelwasser ausfindig machen können. So langsam werden das lokale Warenangebot und ich doch noch Freunde..

Verzeiht mir bitte, dass ich so viel über Lebensmittel schreibe, aber man glaubt gar nicht wie schwer einem die Umgewöhnung in manchen Bereichen fällt - während ich mich an die sanitären Anlagen bereits in der ersten Woche gewöhnt habe hadere ich mit dem Speiseangebot hier immer noch ein wenig.

Dass ich brav zweimal wöchentlich nach der Arbeit ins Geothe-Institut zu meinem Sprachkurs fahre, macht sich so langsam bezahlt. Mein Luganda ist inzwischen schon auf dem Niveau, dass ich Grüßen/mich verabschieden/mich bedanken, mich vorstellen, nach Preisen fragen, ein Matatu stoppen und Benita davon abhalten kann, meine Sachen zu nehmen.

Ich wünsche euch allen ein entspanntes Wochenende - ich werde mich Morgen mal zu einem Frisör hier trauen - mal sehen, ob er in der Lage ist, "Muzungu-Hair" zu schneiden.

Meldet euch bitte weiterhin bei Themenwünschen, eure Anne-Kathrin

Samstag, 27. September 2014

noch keine Bilder im Kopf?!

täglicher Markt in "Namongoona" - liegt auf meinem Weg zur Arbeit

ein Sportplatz in der Nähe meines Krankenhauses

typischer Straßenzug - hier die Hauptstraße zwischen Nansana und Kampala

der örtliche IKEA


Mein momentanes Zuhause:


unser Haus Frontansicht (mein Zimmer ist das Fenster direkt rechts neben der blauen Garagentür, die Eisentür links ist die Eingangstür)

Kochen auf dem Holzkohle-Ofen (das Feuer wird mit Paraffin und einer Plastiktüte entfacht..)

das Wohn- und Esszimmer

das Frühstückzimmer

der Flur - vorn links meine Tür (im "geschlossenen" Zustand) und gegenüber Sarahs, gerade zu die Tür in die Garage

meine Lieben & mein Kosmetiktisch

mein Kleiderschrank

mein Bad

der Garten - Bananenbäume, Kochbananenbäume, Avocadobäume, Süßkartoffeln, ...

Familienauto und Jackfruit-baum (sehr lecker - schmeckt wie die grünen Tropica-Haribo)


Benita mit meinem Duscheimer

Freitag, 26. September 2014

Woche Zwei und Drei

Meine zweite Woche in Uganda verlief von außen betrachtet recht unspäktakulär, für mich persönlich jedoch weiterhin aufregend, denn der Alltag hier ist schon sehr, sehr, sehr viel anders als in Deutschland. Das fängt beim Zähneputzen und Duschen früh ohne fließendes, dafür mit sehr kaltem Wasser an, geht mit dem ungewöhnten Klima/Lärm/Dreck/“Geruch“ weiter und hört damit auf, dass man niemals sein Moskitospray zu Hause lassen sollte, weil es ja dann doch schon 18:45 dunkel und somit Moskitozeit wird..

6:30 Aufstehen, ein „abwechslungsreiches“ Frühstück zu mir nehmen (Toast, Margarine, Banane/Passionsfrucht/Orange, Instant Kaffee - man gewöhnt sich ja an alles, auch an schwarzen Instantkaffee), mit meinem Waschschüsselchen zum Duschplatz wandern und spätestens 8:00 an der Hauptstraße stehen, um zu beten, dass nicht erst in zwanzig Minuten ein freies Matatu an mir vorbeifährt und dass dieses dann bitte auch zu meiner Haltestelle weiterfährt.
Montag (22.09.) stand ich dann nämlich plötzlich mitten in der überfüllten Hauptstadt. Irgendwo. Mit all meinen Wertsachen (muss momentan meinen privaten Laptop mit zur Arbeit nehmen), womit ich niemals nach Kampala fahren würde. Blick auf die Uhr: schon nach Neun. Keinen blassen Schimmer wie ich von dort aus zum Lubaga Hospital kommen soll und wie lange ich jetzt noch einmal fahre. Von allen Seiten die altbekannten „Hey Muzungu“, “Boda Nnjabo?“, „Do you have a boyfriend?” Rufe und mehrere Menschen, die mich einfach gern mal berühren möchten. Nicht der beste Montagmorgen, den ich mir vorstellen kann. Die Situation hat mich schon ein wenig aus der Bahn geworfen - auch drei Wochen nach meiner Ankunft bin ich hier einfach immer noch dabei anzukommen. Aus Mangel an Alternativen bin ich dann einfach mal losgelaufen und war sehr erleichtert als nach nur ein paar Straßenecken der Taxipark auftauchte. Dort ist dann alles ganz einfach. Irgendein Conductor (der, der in den Matatus für das Bezahlen und Fahrgästesortieren zuständig ist // sitzt immer links an der Tür) fragt auf jeden Fall „Where are you going?“ und dann braucht man nur noch seinen Zielort sagen und er zeigt einem, wo die Matatus dorthin parken. Bin also dann doch noch unbeschadet und nur ein bisschen zu spät (hier ist eigentlich fast alles noch „in time“) auf Arbeit angekommen.

ein Matatu - die Taxis/Busse hier in Uganda

im Matatu - 12 Sitzplätze hinten + 2 vorn neben dem Fahrer aber meist fahren knapp 20 Personen mit

Normalerweise bin ich aber nach 1 Mal Umsteigen, je nach Verkehrsaufkommen, zwischen 8:45 und 9.30 im Krankenhaus. Krankenhaus bedeutet für mich momentan Verwaltungstrakt. Kranke sehe ich keine, dafür den ganzen Tag mein Laptopdisplay: jede Menge Exeltabellen, E-Mails und Protokolle von Besprechungen.
mein Arbeitsplatz - von Innen und Außen

Das ist momentan in Ordnung, aber ich hoffe schon, dass ich auch mal einen Einblick in den medizinischen Krankenhausalltag bekomme – Elena, die Freiwillige, die auch hier im Lubaga Hospital arbeiten wird (sie landet am 1.10. in Uganda), ist ja bereits eine ausgebildete Krankenschwester und vielleicht kann ich ja dann mal mit ihr mitlaufen. Meine Arbeitszeit ist jetzt nicht minütlich geplant aber ich bin immer ungefähr von 9:00 bis 16:00 im Büro. Davon ist eine Stunde Mittagspause, die ich dazu nutze, z.B. meinen Blog zu schreiben, E-Mails zu beantworten und etwas Kleines zu essen, was ich mir mitgebracht habe. Obst/Möhren/Bananenbrot/Nüsse.. leider gibt es hier weder Brot noch Brotaufstrich (kein Käse, Wurst, Butter, Tomatenmark, Meerrettich..), so dass unser deutschen Pausenbrot leider flachfällt – hätte nicht gedacht, dass ich gerade das so vermissen werde.

Blick von der Dachterasse des Krankenhauses über das Gelände und im Hintergrund Kampala

Anne, meine Kollegin im Büro für Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit, ist dann am Dienstag mal mit mir durch das Krankenhaus gelaufen und ich habe mich in den einzelnen Abteilungen vorgestellt und so auch einen Einblick in die Ausstattung bekommen. Die Räume an sich sind ein wenig spartanischer als wir es in Deutschland gewohnt sind aber die Geräte könnten zum Teil 1:1 auch in einem Krankenhaus zu Hause stehen. Der hohe Standart ist, soweit ich es bisher mitbekommen habe, vor allem dem Faktor geschuldet, dass es viele Unterstützer in Deutschland und von der katholischen Kirche gibt. Trotzdem werden über 90% des Budgets in Uganda generiert – dabei ist das Krankenhaus auf den Staat und Sponsoren angewiesen, um die Qualität stetig zu verbessern und auch Arme behandeln zu können (in Uganda gibt es nicht das Prinzip der Krankenversicherung – jeder muss für alle Behandlungen zahlen). Das Lubaga Hospital läuft als private, non-for-profit Organisation und hat die Mission, getreu den christlichen Werten, jedem Menschen, ungeachtet seiner finanziellen Mittel, adäquate Gesundheitsversorgung zukommen zu lassen: Entbindungs- und Neugeborenenstation, Gynäkologie, Chirurgie, Kindermedizin, Allgemeinmedizin, Physiotherapie, eine pharmazeutische Abteilung und ein Labor, angegliederte Augenklinik, Zahnklinik, HNO-Klinik. Zur Diagnose stehen dabei unter anderem Ultraschall- und Röntengeräte und Endoskope zur Verfügung. Jährlich werden mehr als 200.000 Patienten behandelt und mehr als 6.000 Kinder hier geboren. Man kann hier auch seine Ausbildung zur Krankenschwester, Hebamme, zum Laborassistenten und zum Operationsassistenten absolvieren. Der Geschäftsführer ist ein Deutscher Arzt: Dr. Adolf Diefenhardt. Er ist 2012 mit seiner Familie (erneut) nach Uganda gezogen und jetzt z.B. auch für mich mitverantwortlich. Nicht ganz schlecht, hier jemanden auf Arbeit zu haben, der 1. Die eigene Sprache spricht und 2. Mit den Gepflogenheiten in Deutschland vertraut ist und mich versteht, dass ich ein wenig unruhig werde, wenn das Meeting, das auf 14:oo angesetzt war, 15:30 immer noch nicht angefangen hat. Er hat auch organisiert, dass ich unter der Woche jeder Zeit in das Gästehaus hier gehen kann, um zu duschen. Das ist wirklich richtig gut – klar es ist auch einfach nur ein Duschkopf oben an der Decke, aus dem mit mal mehr, mal weniger Druck, kaltes (da Regen-)Wasser fließt, aber im Vergleich zu „ich schöpfe mir kaltes Wasser aus einem kleinen Plastikeimer über“ regelrechter Luxus. An die eiskalten Duschen habe ich mich im Übrigen unerwarteterweise sehr schnell gewöhnt, da bereiten mir andere Dinge, die ich als easy eingestuft hatte, mehr Probleme.

Freitag (19.09.): Marktbesuch mit Gastschwester Rose. Ausbeute: ein für mich geschneidertes Kleid, Obst und zwei Second Hand Röcke für insgesamt ca. 11€. Langsam klappt das mit dem Handeln.

Samstag (20.09.): Vormittags Besuch einer MALL – ziemlich gut – ziemlich europäisch. Die Muzungu-Rate hier war auch unglaublich hoch und das Einkaufzentrum insgesamt ziemlich leer – der Durchschnittsbürger kann sich so etwas nicht leisten. Hier gibt es richtigen Kaffee, richtigen Kuchen, Eis, Burger, Pizza, Nudeln – ja, auch wenn man da zu Hause nicht so wild drauf war, ist so etwas, wenn man wochenlang Kochbananen, Reis oder Maismehlmatsche gegessen hat ein Traum. Der Cheeseburger, den ich mir aufgrund des Käses bestellt habe (ihr glaubt gar nicht, wie sehr ich Käse – wird nur importiert, sehr rar und fruchtbar teuer- und Milchprodukte insgesamt – wir haben keinen Kühlschrank in der Gastfamilie also fällt auch Milch und Joghurt meist flach – vermisse..) war allerdings nicht so lecker – der Käse irgendetwas analoges. Anschließend an unseren kurzen Konsumrausch sind dann ich und ein paar andere Freiwillige auf ein Festival im Nelson Mandela Stadion gefahren: „die besten aktuellen, ugandischen Künstler, Reaggea und Shaggy“, Tausende von Besuchern, Beginn 5 Stunden später..

Sonntag (21.09.): Die Tochter des Bruders unseres Gastbruders/-neffen (er ist der Neffe meines Gastvaters) Godfried wird getauft. Sarah und Ich sind mit eingeladen und so sind wir 10:00 bereit zur Abfahrt - 11:30 setzt sich dann das Familienauto in Bewegung. Von über drei Stunden Gottesdienst auf Luganda bekommen wir so nur noch knapp eine mit – ganz so traurig bin ich da nicht.
in der Kirche - ganz rechts: mein Gastvater
Danach fahren wir mit der ganzen Familie zum Elternhaus: Musik, Massen an Essen (natürlich wieder das lokale – Kochbananen, Reis.. ihr wisst schon), Reden und Taufgeschenkeübergabe.

die Familie des Taufkindes - die Familie meines Gastbruder-cousin-neffens


ein "kleines" Mittagessen


im weißen Kleid: das Taufkind (1Jahr)

Highlight des Tages: Sarah und Ich müssen „shaken“. Tanzt mal unvorbereitet vor 40 Ugandern, von denen selbst die 2jährigen und die 70jährigen besser tanzen können als ihr. Gegen halb acht war dann die Feierlichkeit vorbei und die kleine Benita und ich sind beide ziemlich fertig auf der Rückbank eingeschlafen - schlafen geht hier in sämtlichen Verkehrsmitteln wirklich (viel zu) gut - ein angenehmes, durchgehendes, von den tendenziell unebenen Straßen verursachtes Schaukeln. Muss mich auf meinem Weg zur Arbeit immer mit sehr viel Willenskraft wachhalten.

Woche Drei verlief nun grundsätzlich wie die davor nur dass ich seit dem 23.09. nun zwölf Wochen lang immer dienstags und donnerstags am Abend einen Luganda-Sprachkurs im Goethe-Institut besuchen werde. Die ersten beiden Stunden waren nun so mäßig erfolgreich. Die Worte sehen für mich immer noch alle gleich aus und eine Struktur konnte ich in der Sprache auch noch nicht erkennen. Aber ich bleibe dran, schon um irgendwann auf den Märkten den gleichen Preis, wie die Ugander zahlen zu können.

Am Donnerstag hat Benita, die Tochter meiner Gastschwester/-Nichte Rose, ihren 3. Geburtstag gefeiert. Das heißt, eigentlich feiert man hier Geburtstage nicht wirklich, aber es gab lokale Pancakes (Bananen, Kasavamehl und Backpulver), einen kleinen Kuchen, einen Geburstagshut, Seifenblasen von mir und Haribo von Sarah und gesungen wurde auch.
Ich mit dem Geburtstagskind Benita und ihrer Mama Rose im Wohnzimmer


Kleines Update zu meinem Befinden allgemein:
ich merke inzwischen die Nebenwirkungen der Malariaprophylaxe (denke ich – bin ja kein Arzt): Albträume und kleine Panickanfälle – muss mir momentan darüber klar werden, ob ich die Tabletten nicht doch jetzt schon absetze – ein Jahr darf ich die sowieso nicht nehmen.
Donnerstag hieß es dann Good bye Braids – habe gefühlt die Hälfte meiner Haare beim Entfernen der Zöpfe mit verloren und muss nun versuchen, einen Frisör zu finden, der dazu in der Lage ist, europäisches Haar zu schneiden.
Benita, das Kunsthaar und ich mit meiner Braids-Removed-Frisur

Mit der Gastfamilie ist es ein angenehmes Zusammenleben – jeder macht so seines, aber wenn man Gesellschaft oder Hilfe braucht ist immer jemand da.

Zu guter Letzt ein Dank an euch alle, die ihr meinen Blog verfolgt, mir Rückmeldungen gebt oder mich darum bittet doch mal wieder etwas zu schreiben. Zu wissen, dass ihr alle an mich denkt, stärkt mich hier in Heimweh- und Kulturschockmomenten ungemein. DANKE! Bitte schreibt mir, wenn ihr gern über ein Thema mehr erfahren wollt oder ihr etwas hier bisher noch vollkommen vermisst – auch über jegliche andere Anregungen freue ich mich.