Donnerstag, 25. Juni 2015

Dein Freund und Helfer – Achtung! Dieser Eintrag leidet unter Überlänge

(Die Raumnummern entsprechen nicht unbedingt der Wahrheit)

Meine Versicherung wollte gern einen Polizeibericht, um an meinem Fall arbeiten zu können. Na gut – ich dachte ich kann das vielleicht umgehen – zur Polizei geht hier niemand gern. Also fragte ich Freunde und Kollegen, wie ich denn nun am besten vorgehe.. einfach zu einer beliebigen Polizeistation gehen und meinen Fall erklären. Okay.. klingt gut. Naja auf der Station in unserem Viertel wurde mir dann gesagt, dass ich ins Hauptbüro in der Innenstadt muss. Auch gut.. Nachdem ich es mit meiner Ausweiskopie fast nicht herein geschafft hätte (oh sie scheinen wirklich Wert auf Sicherheit zu legen), wurde meine Tasche dann nicht kontrolliert und ich trotz aufgeregtem Piepsen des Detektors einfach durchgewunken (vielleicht doch nicht so wichtig) und ich konnte da vorstellig werden. Für einen Bericht musst du zunächst in Raum 4!
„Guten Tag, folgendes wurde mir gestohlen.. ich bräuchte einen Bericht für meine Versicherung.. ja im Dezember – ja das ist eine Weile her.“
Der Angestellte musterte mich und teilte mir mit, dass das an sich kein Problem wäre nur ist er ja schon soo müde. Ich saß also in einer Ecke in Raum 4. Den korpulenten Angestellten neben und einen sehr großen, sehr ramponierten Schreibtisch vor mir. Über eine Stunde wandte er sich also immer mal wieder mir zu, ließ mich wissen, dass er nicht viel Lust hatte, meine Daten aufzunehmen und ja so müde wäre. Geld könnte helfen. Aha. Ich hatte mich schon gewundert, an welcher Stelle ich denn mit Korruption und Schmiergeldern in Berührung kommen würde.. 20.000 (7€) wechselten also den Besitzer und anschließend ging alles fast reibungslos. Nein quatsch. Natürlich nicht – aber zumindest setzte sich überhaupt irgendetwas in Bewegung.
Ja – ich kann den Aufschrei hören. Warum ich ihm denn überhaupt etwas gezahlt habe? Ich hätte ja zu einem anderen gehen können? Korruption unterstützt man nicht. Ja ich weiß aber die Kommunikation der anderen Angestellten im Raum und die Blicke der Beamten auf dem Gang machten ziemlich deutlich, dass ich nicht wirklich eine Wahl hatte..
Der gute Mann nahm also meine Personalien auf, wunderte sich bestimmt 10 mal über meinen Namen, war ganz aufgeregt, dass ich da arbeite wo er wohnt, ein bisschen enttäuscht von meinem Alter – war ihm dann wohl doch ein wenig jung zum Heiraten und machte sich mehrmals darüber lustig, dass ich meine Handynummer nicht auswendig weiß. Damit haben wir dann auch nochmal über 30 Minuten zugebracht und dann endlich, nur knapp zwei Stunden nachdem ich Raum 4 betreten hatte, nahm er die Details zu meinem Fall auf. Was wann wo und wie gestohlen. Wert? Zeugen? Täterbeschreibung?
All diese Informationen hielt er auf einem etwas mitgenommen aussehenden A4 Blatt recht unleserlich fest. Dann schrieb er in einer anderen Kuli-farbe das Ganze nochmal auf ein anderes Blatt – wobei schlichtes Abschreiben zu einfach gewesen wäre – er musste sich erneut über meine Unfähigkeit meine Nummer ansagen zu können lustig machen und sich über sehr sehr viele Dinge wundern. Mit diesen beiden Blättern war es nicht getan, er kramte ein drittes aus einer Schublade und begann den ganzen Tatvorgang erneut abzuschreiben. Diesmal aus der Ich-Perspektive. Mit vielen blumigen Ausdrücken und Beschreibungen, die ich so eigentlich nie angegeben hatte. Trotzdem musste ich dann da so meine Unterschrift drunter setzen – im Großen und Ganzen waren ja auch alle Fakten (nur halt noch mehr) eingeflossen. Ich dachte mir. Aha. Jetzt setzt er einen Stempel drunter und ich kann gehen. Weit gefehlt. Diese Formulare (meine Deutschlehrerin hätte es wohl als „Wurstblätter“ bezeichnet) würde er nun an Raum 46 weiterleiten. Da könnte ich mir im Laufe der nächsten Tage meinen Bericht abholen. In Ordnung. Vielen Dank!
Tag 2 – „Kann ich Ihren Vorgangsschein sehen?“ Klar. „Oh – das ist noch nicht in Bearbeitung – wir haben so viel zu tun. Kommen sie morgen nochmal wieder.“
Tag 3 – zurück in Raum 46. „Kann ich ihren Vorgangschein sehen?“ Klar. „Oh – da müssen Sie in Raum 26.“ Hallo, ich soll mich hier melden – hier mein Schein. Der Beamte warf einen kurzen Blick auf mein Kärtchen, durchsuchte mehrere Stapel auf seinem Schreibtisch und förderte dann auch tatsächlich meine 3 Blätter zu Tage. „Und was genau wollen Sie?“ Einen Polizeibericht! „Ja da müssen Sie aber erst die Bearbeitungsgebühr zahlen. Das Formblatt dafür wird in Raum 18 ausgehändigt.“ Dort musste ich mich nochmal vorstellen und erklären um mich dann mit dem Formblatt ins Gedränge der Innenstadt zu begeben, um eine ganz bestimmte Bankfiliale zu suchen. Gefunden - 63.000 (21€) zahlen. Mit der Quittung durch die Menschenmassen zurück zur Polizei kämpfen. In Raum 18 diese Quittung gegen eine andere eintauschen – 30 Minuten.
Der Polizeibeamte hier war aber wenigstens nett, höflich und sah mich nicht wie ein fremdes Objekt an. Es würde ihm sehr leid tun, was mir passiert wäre – ich solle doch jetzt bitte sein Land deswegen nicht verurteilen. Es gäbe auch liebe Menschen. Mit der Quittung zurück zu dem Beamten in Raum 26. Auch diesem musste ich alles erneut erzählen obwohl er die Details einfach von einem der anderen Blätter übernehmen hätte können. Auch er fertigte wieder eine handschriftliche A4 Seite an – mit minimalen Formulierungsunterschieden. Dafür brauchte er auch wieder fast eine Stunde – unterbrochen von Aussagen wie „Bring me to Germany!“ „You get me a Visa!“ „You can´t give a Visa? You´re bad!“.
Inzwischen - fast 4 Stunden nachdem ich mich in Raum 46 gemeldet hatte - schien es endlich soweit zu sein. Er band alle 4 Blätter mit einem Wollfaden zusammen und („you come!“) wir machten uns auf den Weg zum „Boss“ - Raum 41. Dieser sah nicht einmal von seinem Laptop auf, als ihm „mein“ Beamter die Unterlagen zeigte und ihm kurz den Fall umriss.. Ja er solle nun halt zur Sekretärin gehen und das ins Reine tippen lassen. Oh – das hörte sich gut an – ich hatte mir schon Gedanken gemacht, wie wohl meine Versicherung diese Schrift entziffern sollte. Also zur Sekretärin in Raum 59 – sie suchte sich routiniert aus den Blätter alle wichtigen Informationen zusammen und hatte innerhalb von 15 Minuten einen Report getippt, von mir Korrektur lesen lassen und ausgedruckt. Jetzt nur noch eine Unterschrift vom Boss und die Odyssee würde ihr Ende und ich meinen Polizeibericht haben. Der Boss hatte sich allerdings auf unbestimmte Zeit in die Mittagspause verabschiedet – komm doch bitte am Montag wieder!
Tag 4 - Ich kam also wieder – musste ja nur den fertigen Bericht abholen. Dass es nicht in 5 Minuten getan sein würde war mir schon klar, aber dass ich erneut 1,5 Stunden auf dem Polizeirevier verbringen musste – damit hatte ich nicht gerechnet.
Ich kam optimistisch in Raum 26 an. Mein zuständiger Beamter war natürlich nicht anwesend. „Call him!“ - der Ratschlag seiner Kollegin. (Seine Privatnummer an Kunden/Klienten/Patienten heraus zu geben ist hier sehr üblich.) Ich rief ihn also an, konnte ihm irgendwann begreiflich machen, wer ich sei und er erklärte mir, er sei gerade nicht im Büro. Ja. Danke. Das sehe ich. Ich möchte bitte nur meinen Bericht abholen. Würde auf dem Schreibtisch liegen – ein Kollege soll mir den einfach geben. Aufgelegt. Habe die Anweisung also an seine Kollegin weiter gegeben. Die wollte nicht suchen: „Call him!“. Ja und dann? Können Sie vielleicht mit ihm reden? Konnte sie, vertelefonierte mein ganzes Guthaben und das Ende vom Lied war, dass er gefälligst ins Büro (Raum 26) zu kommen hatte. Also hieß es warten. Und dann kam er, suchte und … fand nichts. Hm – dann muss der wohl noch oben beim „Boss“ sein – du kannst dir den Bericht da abholen. Ich also hoch in Raum 41. Hallo ich würde gern meinen Bericht abholen. Kurze Musterung, Kramen auf seinem Schreibtisch und dann hielt er doch tatsächlich meinen Bericht in den Händen. Juhuu! Aber oh-oh – sein Gesichtsausdruck gefiel mir gar nicht. „Wer hat dich hier her geschickt?“ Ehm.. der Beamte aus Raum 26?! „You bring him here!“ Okay – ich also wieder runter in die 26, meinem Beamten erklärt, dass der Boss ihn gern auch oben hätte, mit ihm zusammen wieder nach oben. Es stellte sich heraus, dass dem Boss die Währung Euro nicht so geläufig war. Das konnte also schnell bereinigt werden (mein Beamter war allerdings sichtlich genervt, dass er dafür (!) zwei Treppen steigen musste), der Boss unterschrieb endlich (ich dachte ja in meinem jugendlichen Leichtsinn, das wäre Freitag schon geschehen), mein Beamter musste sich noch irgendwo einen offiziellen Stempel suchen, ich wartete derweil wieder unten in Raum 26 und dann endlich öffnete sich die Tür und mein wertvolles, allerdings bereits jetzt schon ein wenig lädiert aussehendes A4-Blatt wurde mir ausgehändigt. Ich bedankte und verabschiedete mich, was gekonnt ignoriert wurde (erwartete er ein Trinkgeld?) und verließ endlich auf vorerst immer das Polizeipräsidium.

Donnerstag, 18. Juni 2015

Und was machst du eigentlich außer Reisen? TEIL II – die Freizeit


Meine Freizeit hier.. die sieht grundsätzlich gar nicht so anders aus, als in Deutschland.
Ich gehe zweimal die Woche zu einem Tanzkurs “African Contemporary” und sporadisch zu Salsa und Yoga. Dabei kompensiere ich durch ersteren allerdings eher meinen akuten Bewegungsmangel, denn einfach mal früh joggen gehen ist hier leider nicht machbar. Warum? Wenn ich joggen gehe, dann möchte ich neben meiner Musik im Ohr und der möglichst hübschen Umgebung, durch die ich laufe, nichts wahrnehmen. Hier schreien einem aber gefühlt 100 Kinder vom Straßenrand „Mzungu! Bye Mzungu!“ hinterher, Männer erkennen in einem „my future wife!“ und Frauen lachen darüber, was die Weiße da schon wieder treibt. So laut kann man wohl leider seine Musik nicht stellen und sollte es auch nicht, da man einen Großteil der Aufmerksamkeit bei dem etwas unberechenbaren Verkehr haben sollte. Neben diesen Dingen, die man vielleicht mit viel Nervenstärke noch ignorieren könnte, ergeben sich noch Hindernisse wie sehr schlechte Straßen, keine Fußwege, Einatmen von Staub, Abgasen, Müllverbrennung und klimabedingt ist Laufen nur sehr früh oder sehr spät möglich (beides Uhrzeiten, wenn ich nicht unbedingt allein durch die Gegend laufen muss). Ich könnte natürlich in ein etwas besseres Viertel von Kampala fahren, da fallen viele dieser Probleme weg, aber dafür fehlt mir dann doch der Antrieb.. Also bleibt sporttechnisch mein Tanzkurs (der auch echt super anstrengend ist), ab und an mal andere Kurse, Schwimmen und … Tanzen im Club.
Ja – na klar gehen wir hier am Wochenende auch weg. Ich betreibe das nicht so exzessiv wie andere (wenn man wollte, könnte man sich wohl 7 Tage die Woche hier ins Nachtleben stürzen – die Angebote sind da) aber ab und an mal mit den Freunden durch die manchmal sommerlich warmen, manchmal herbstlich kühlen Nächte tanzen - das ist schon schön. Ich persönlich bin ein bisschen pingelig, was das „wo“ betrifft, weil ich auch nach fast 9 Monaten mit dem Tanzstil des einen oder anderen Uganders nicht so entspannt umgehen kann – meinen Raum brauche (da fallen für mich viele „local-clubs“, also mit geringem Weißenanteil, raus), mir nicht jede Musikmischung zusagt und ich auch möglichst nicht zu weit von zu Hause sein möchte (Nachts wird es schon kalt auf dem Boda – da wird die Fahrt mit jedem km unangenehmer).. Ich habe also jetzt nicht den besten Einblick in Kampalas Weggeh-Szene bekommen aber trotzdem wird wohl die Umstellung zurück zu deutschen Tanzflächen mit Wehmut begleitet sein.

"Uncle Walters African Contemporary Dance Class"

Durchs Tanzen und die da entstandenen Bekannt- und Freundschaften nehme ich in letzter Zeit ziemlich viel aus Kampalas Kulturszene mit. Tanzshows, Auftritte von Bands, Schauspiel, Kurzfilmpräsentationen, Workshops zu verschiedenen Themen, Festivals..


Ansonsten genieße ich es, mit einem Buch einen richtig guten Kaffee trinken zu gehen, zu Hause zu kochen (macht mit dem günstigen und frischen Gemüse einfach mehr Spaß als wenn man bei RE** einkaufen muss), es sich an einem verregneten Sonntag mit Film oder Serie gemütlich zu machen, durch Stoffläden zu stöbern, mit Deutschland zu kommunizieren und mich mit Freunden zu treffen (andere Freiwillige, Kollegen, junge Menschen aus der „Künstlerszene“ und Menschen bei denen ich mir gar nicht mehr so sicher bin, wie diese in mein Leben getreten sind).

Und dann gibt es natürlich noch die unangenehmen Freizeitfüller: Wäsche waschen (obwohl ich zumindest meine Bettwäsche inzwischen waschen lasse – diese wird bei mir einfach nicht richtig sauber, dafür setzte ich unser Bad unter Wasser und meine Hände sind die darauffolgende Woche wund), Wohnung putzen, Bewerbung an Universitäten, Versicherungsformulare ausfüllen..


Und ab und an werde ich eingeladen. Zu Kollegen nach Hause (da wird dann, wenn ich mich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln endlich hingefunden habe, gemeinsam gekocht, Spazieren gegangen, die Familie kennen gelernt) oder zu traditionellen Festen (ich war zum Beispiel im April auf einer „Introduction“ - das ist die ugandische Verlobungsfeier, im Mai auf einer Taufe und von vielen anderen Festivitäten hatte ich schon berichtet).
im Kofferraum auf dem Weg zur Introduction (das Kleid nennt sich Gomez und ist das traditionelle festliche Kleidungsstück für Frauen - wickelt sich ähnlich einem Sari und die Schultern müssen eigentlich "stehen")

die zukünftige Braut
auf dem Weg zur Taufe in Luweero
"local brew" - alkoholisches Getränk, Zutaten variieren - die etwas ungewohnte Erscheinung und der sehr gewöhnungsbedürftige Geschmack dafür nicht wirklich

Mittwoch, 10. Juni 2015

Update “Die Arbeit” - von Fruchtblasen, Wärmelampen und Lungenentzündung



Pro Monat kommen im Lubaga Hospital (275 Betten) durchschnittlich 450 Kinder zur Welt. Zum Vergleich: in der Dresdner Uni-Klinik (1295 Betten) sind es knapp 200.

Meinen April habe ich also auf der Entbindungsstation verbracht. Zunächst zwei Wochen in der Aufnahme, Vorbereitung und Nachsorge und anschließend 14 Tage direkt im Kreißsaal.

Mein Tagesablauf in der Anmeldung sah dabei meist folgendermaßen aus: Putzen der Station (alles außer Böden und Fenster), Mitarbeit am Anmeldetresen (Patienten aufnehmen – Basiskosten 100.000UGX also ca. 35€, Messungen durchführen, Daten erfragen, Urinproben auf Proteine testen und Zuschauen beim Kanülen legen, Blut abnehmen, der vaginalen - und der Bauch-Untersuchung), Teilnahme an den Visiten (Untersuchung Öffnung des Muttermundes bei Schwangeren, Nachuntersuchungen bei frisch entbundenen Müttern und bei Kaiserschnitt-Patientinnen), Medikamentenrunden mitlaufen und nochmals Mitarbeit am Anmeldetresen. Wie auf bisher jeder Station brauchte ich auch diesmal ungefähr drei Tage um mich in die Abläufe einzuarbeiten und über eine Woche um im Kollegium akzeptiert zu werden. Nach dem eher kühleren Umgang im OP war ich sehr froh, dass hier wieder mehrere sehr liebe Hebammen und Krankenschwestern arbeiteten, die mich an die Hand nahmen und bemüht waren, mir Situationen zumindest kurz auf Englisch zu erläutern.
In diesen ersten Wochen habe ich sehr viele Grundlagen lernen und ausführen dürfen und andere Abläufe wurden mir ausführlich erklärt und gezeigt:
Wie legt man eine Kanüle, welche Venen sind geeignet, welche Medikamente werden darüber gegeben und wie reinigt man den Zugang
Die venöse Blutabnahme
Die Verlegung eines Patienten und damit einhergehend der Umgang mit dem Rollstuhl – auf dieser Station also Hochschwangere von der Anmeldung zu ihrem Bett oder direkt in den Kreißsaal (nur bei vollständiger Öffnung des Muttermundes) oder den OP (Risikoschwangerschaften, oft Mehrlingsgeburten, kritischer Zustand der Mutter, gebuchte Ops), frisch entbundene Mütter vom Kreißsaal zu ihrem Bett und Mütter und Babies an Tag 2 auf eine andere Nachsorgestation
Der Blasenkatheter (bei Kaiserschnitten – bei natürlichen Geburten ist der Druck auf den Katether beim Pressen zu hoch und würde Komplikationen hervorrufen habe ich gelernt)
Injektion und Punktion
Eine Infusionen vorbereiten, wechseln und überwachen
Die OP-Vorbereitung: Kanüle legen und entsprechende Medikamente geben, Infusion, Patienten Kleidung und Schmuck durch OP „Kleidung“ und OP-Haube ersetzen (meist muss man dabei auch noch die kunstvoll zusammengenähten Breads (geflochtene Zöpfe) mit einer Rasierklinge oder Schere auseinander schneiden) , Rasieren
Als ich endlich eine Routine in meiner Arbeit in der Aufnahme gefunden hatte hieß es dann aber schon wieder „wechseln!“ - aufgeregt und glücklich betrat ich also den Kreißsaal und wurde erst einmal unsanft wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Nachdem ich mich vorgestellt hatte, warum ich hier bin, was ich bereits gemacht habe und was ich darf und was nicht wurde ich einmal mit einem abschätzigen Blick bedacht: „du bist also keine Hebamme? Krankenschwester?... ah-ha!“. Also ein eher nicht so motivierender Start. Das Verhältnis zu den Hebammen wurde auch in den darauffolgenden zwei Wochen nicht besser, aber ich konnte mich davon überzeugen, dass es nicht an mir persönlich lag, denn ihr Umgang untereinander und vor allem auch gegenüber den Müttern war nicht unbedingt herzlicher. Was mich neben meinem Interesse davon abgehalten hat frühzeitig zu wechseln war eine einzige Kollegin. Sie hatte ihre Ausbildung in Südafrika absolvieren können, sprach perfekt Englisch und fand es gut, dass ich hier versuchte einen Einblick zu bekommen bevor ich mein Studium antrete. Ich hielt mich also vor allem an sie und konnte so dann doch noch recht viel lernen. Vor allem wohl den Umgang mit Ausscheidungen.. aber bevor ich hier ins Detail gehe, möchte ich euch eine Lagebeschreibung geben. Ich kannte den Kreißsaal als solchen bis dato nur aus TV-Serien und Filmen. Da gibt es geringfügige Unterschiede – je nach Drehort, aber im Großen und Ganzen sieht es meist folgendermaßen aus: ein großer Raum mit angenehmen Licht, eine Entbindungsliege, 2 bis 5 Mitarbeiter stehen um die Gebärende herum, davon meist ein Arzt, die Frau hängt an diversen Geräten, die konstant die Werte der Mutter und des Kindes messen – oft sieht man auch eine Sauerstoffmaske, mindestens ein Familienmitglied oder Freund ist anwesend und hält der Frau die Hand.. ich denke ihr habt das Bild vor Augen? Nun ich muss ehrlich zugeben, dass ich noch in keinem deutschen Krankenhaus im Kreißsaal stand, aber denke doch, dass dieser wohl eher an beschriebenes Bild heran kommt als an den Kreißsaal, in dem ich zwei Wochen mitarbeiten durfte. Es gibt zwei Kreißsäle im Lubaga Hospital. Nr. 1 hat 5 Liegen, Nr. 2 hat 3 Liegen. Diese sind voneinander mit Stoffvorhängen getrennt. Bis zum Boden reichen diese nicht und sie schließen auch nicht unbedingt vollständig. Zum Teil stehen die Liegen dabei so dicht aneinander, dass sich die Gebärenden an den Händen halten könnten. Neben der Liege steht ein Hocker für die zuständige Hebamme, ein Eimer für Urin und Erbrochenes und ein Eimer für infektiösen Müll (blutige Watte zum Beispiel). Angehörige sind im Kreißsaal verboten und auch Aussagen über den Zustand oder den Fortschritt der Frau werden eigentlich nicht gemacht. In Raum Nr. 1 befindet sich außerdem gleichzeitig der Platz um die Neugeborenen erstzuversorgen und ein kleiner Tisch für die Hebammen – an diesem wird manchmal auch Mittag gegessen – quasi neben dem Knie der Gebärenden auf der ersten Liege. Die Hebammen kochen den Frauen Tee, wenn diese alles dafür nötige mitgebracht haben. Sie müssen außerdem den Einmal-Matratzenschutz (2*), Handschuhe und Watte selbst mitbringen. Vom Krankenhaus gibt es ein Laken und das Patienten-Hemd. Nun stehen auch nicht die ganze Geburt lang 2 bis 5 Mitarbeiter unmittelbar zur Verfügung, sondern nur in regelmäßigen Abständen kommt eine Hebamme, um die Werte der Mutter zu kontrollieren und dokumentieren. Die Hebamme bleibt erst konstant an der Liege, wenn die Frau in der dritten Phase der Geburt ist (beginnend wenn das Köpfchen auf dem Beckenboden angekommen ist) und bleibt bis zum Ende der vierten Phase (Nachgeburt, Nähen, Säubern, Anziehen). Das Baby wird erstversorgt und kommt danach entweder in die Neugeborenen-Intensiv-Pflege oder wartet unter einer Wärmelampe darauf, mit seiner Mama gemeinsam zu ihrem Bett und der Familie gebracht zu werden.
Als ich das erste Mal bei einer Geburt dabei war, habe ich leider den entscheidenden Schritt verpasst, da mir, als das halbe Köpfchen draußen war, dann doch sehr schummerig wurde und ich mich erst einmal an die frische Luft begeben musste (ich dachte eigentlich nach meinen Erfahrungen im OP kann mich so schnell nichts mehr aus der Fassung bringen.. aber im Kreißsaal wird man doch noch einmal mit anderen Bildern und Gerüchen konfrontiert). Als ich wieder klar sehen konnte lag das kleine Wunder schon flauschig eingepackt unter der Wärmelampe und die Frau wurde bereits genäht. Da aber bei 8 Liegen (die auch fast alle immer belegt sind) eigentlich immer gerade eine der Schwangeren in Phase 3 ist, dauerte es nur 20 Minuten und ich konnte es erneut versuchen. Als die Hebamme der Mutter ihre Tochter auf die Brust legte, hatte ich dann doch zwei, drei Tränchen in den Augen. Ich durfte die Kleine wickeln und anziehen, nachdem eine Hebamme das Baby untersucht und sich um die Nabelschnur gekümmert hatte. Auch afrikanische Babys sind im übrigen am Anfang sehr, sehr hell. Nicht so weiß wie ich gewesen sein dürfte aber so „weiß“, wie ich momentan bin.
Meine Aufgaben? Aufräumen, Putzen, desinfizieren, mit Ausscheidungen umgehen (Frauen das Haar halten) und Liegen vorbereiten. „Natürliches Schmerzmanagement“ (den Frauen in ihren Wehen den Rücken massieren). Mithilfe bei der Erstversorgung der Neugeborenen und ggf. Verlegung des Babys auf die Neugeborenen-Intensiv-Station (+Report geben). Patientinnen verlegen. Mit Schülern gemeinsam die Werte der Frauen messen und dokumentieren (Highlight, vor allem was die Schwierigkeitsstufe anbelangt: Herztöne des Babys mit einem Hörrohr aus Holz hören). Hebammen in der dritten Phase der Geburt unterstützen indem Instrumente zugereicht werden.

Anschließend gab es einige organisatorische Probleme, was meinen Wechsel zur nächsten Station ein wenig verzögerte. In der Zeit arbeitete ich abwechselnd erneut im Public Health Departement und im Büro mit, um trotzdem weiterhin etwas zu tun zu haben.

Doch dann war es einmal wieder so weit und ich wurde in St. Bosco, der allgemeinmedizinischen Kinderstation, vorgestellt. Neben dieser gibt es noch die chirurgische Kinderstation, die Neugeborenen-Intensiv-Station und eine Tagesklinik mit Kinderärzten. Hier traf ich wieder auf nette Mitarbeiter und Schüler – sehr gut! St. Bosco hat 6 Zimmer, davon eines für Quarantänefälle und insgesamt 32 Betten. Es werden Kinder im Alter von 6 Wochen bis ungefähr 12 Jahren behandelt (aber der Wunsch besteht ein Zimmer mit größeren Betten auszustatten und so auch Jugendliche aufnehmen zu können). Es gibt einen Raum mit großen Waschbecken, damit Babybadewannen darin Platz finden, aber die Mütter nutzen ihn auch zum Wäsche waschen, einen Duschraum und Toiletten für die Mütter und die größeren Kinder, ein Vorratsraum, ein Desinfektionsraum und eine Art offenes Schwesternzimmer wo auch venöse Zugänge gelegt und Medikamente gegeben werden. 8.00 bis 9.00 Station putzen, organisieren und auffüllen, anschließend werden die Schüler und ich an verschiedene Ausgabestellen im Krankenhaus geschickt, um neue Materialien, Instrumente und Medikamente zu holen und gegen 10 Uhr startet dann meist die Visite. Diese habe ich bisher mit vier verschiedenen Kinderärzten erlebt, aber leider spricht nun eine Ärztin Englisch mit uns (Schüler, eine Krankenschwester, ich), die anderen sprechen durchgängig Luganda (und ich muss mich darauf beschränken die Akte zu lesen). Mit ihr macht es dafür aber richtig Spaß, denn sie nutzt die Visiten, um die Schüler abzufragen und zu unterrichten und macht dabei zwischen den Schülern und mir keinen Unterschied. Das hat zur Folge, dass ich mich wirklich Nachmittags zu Hause hinsetze und Symptome und Behandlung von Kinderkrankheiten lerne – und vor allem die dazu gehörenden englischen Vokabeln. Kinderkrankheiten.. naja nun nicht unbedingt in dem Sinne, sondern eher die Krankheiten, von denen Kinder hier am häufigsten betroffen sind: wässriger Durchfall mit Dehydration, Malaria, Lungenentzündung. In geringerer Zahl außerdem: Meningitis, Blutarmut, Asthma, Typhus, Tetanus, Säuglingssepsis, Unterzuckerung und Unterernährung.
Nach der Visite kommen die Mütter (oder die verantwortliche Person) mit ihren Kindern nacheinander zu dem offenen Schwesternzimmer und die kleinen Patienten bekommen ihre Medikamente über den venösen Zugang (oder dieser wird gelegt), wenn nötig wird Blut für Untersuchungen abgenommen und Probenbecher werden ausgegeben. Anschließend können dort einzelne Kinder inhalieren und eine Krankenschwester oder Schüler gehen von Zimmer zu Zimmer und geben Medikamente aus, die geschluckt werden müssen. Danach geschieht nicht mehr viel. Infusionen kontrollieren, Register führen und Dokumentationstabellen ausfüllen, manchmal Neuaufnahmen, vereinzelt Medikamente geben und dann ist meine Arbeitszeit auch schon vorbei.
Die Mütter (oder die verantwortliche Person) schlafen auf dem Boden neben den Patientenbetten. Die meisten bringen sich dafür nur eine Art Bastmatte mit, wenn sich abzeichnet, dass das Kind länger bleiben muss, auch richtige Matratzen (das habe ich allerdings bisher noch nicht gesehen). Essen wird nicht vom Krankenhaus bereit gestellt, aber während der Visiten wird den Müttern erklärt, was sie ihrem Kind geben sollte und was nicht – kaufen müssen sie es dann selbst irgendwo. ORS (Oral Rehydration Solution – Glukose-Salz-Lösung) steht aber immer in einem Kanister vor dem Schwesternzimmer zur Verfügung.

Anmerkung: Ich verwette weiterhin nicht meine letzte Tube deutsches Tomatenmark dafür, dass die Angaben in diesem Blogeintrag richtig sind.