Dienstag, 6. Januar 2015

Grashüpfer statt Lebkuchen

Guten Abend ihr Lieben,

zunächst: es tut mir sehr, sehr leid, dass es hier so still geworden ist in den letzten (ach herrje inzwischen bereits) Monaten – aber ich werde deshalb nicht schlecht schlafen. (Anm. d. Kängurus)
Wieso weshalb warum? Nun, erst war es mein Internetstick, der wochenlang nicht so wollte wie ich und als dieses Problem behoben war hat sich dann direkt mein Laptop höchstselbst verabschiedet. Der ugandische Staub und die Transportbedingungen der ersten Wochen sind ihm schlussendlich wohl doch zu viel geworden und nun habe ich erst einmal keine funktionierende Tastatur mehr. An dieser Stelle: DANKE Iselin, dass ich deinen Laptop nutzen darf.
Nun zum eigentlichen Eintrag:

Ende November und somit der erste Advent rückten immer näher und ich hoffte vergeblich auf die besinnliche Vorweihnachtsstimmung, waren es doch meist um die 30°C mit Tendenz nach Oben, denn die Trockenzeit beginnt ungefähr zum Dezember. Neben den für mich völlig verkehrten klimatischen Bedingungen fehlten der schöne Stress der Geschenkebesorgung, das Lichteln ab 16.00, der Geruch von Zimt, Glühwein und frisch gebackenen Weihnachtsplätzchen und vor allem, dass man zu dieser Zeit des Jahres eigentlich mit seiner Familie zusammenkommt – Adventskaffee bei Oma, Backen mit der kleinen Schwester, Dekorieren mit Mama..
Ein bisschen weihnachtlich wurde es dann doch bei mir, denn es waren Päckchen aus Deutschland angekommen, die unter anderem Weihnachtsgebäck und -tee und einen Adventskalender enthielten. Türchen für Türchen wurde es also bei mir heißer und trockener, aber Weihnachten wurde auch immer präsenter. Ganz nach amerikanischem Vorbild wurden Geschäfte, Einkaufszentren, Büros und Banken in ein blinkendes, buntes Lichterspektakel getaucht. An jeder Ecke gab es nun Plastikweihnachtsbäume, glitzernde Deko, und die „besten Geschenkideen für das Fest“ zu erwerben. (Beliebte Geschenke sind, habe ich mir sagen lassen: Reiskocher, Thermoskannen, Schmuck und Süßigkeiten) Einige der Kollegen in unseren Projekten fingen bereits Mitte November an, sich auf Weihnachten vorzubereiten – viele haben ihre Rasen gemäht, die Bäume im Vorgarten verschnitten und die Wände noch einmal neu gestrichen (Was hier meist so aussieht, als hätte ein Kind mit dem Farbeimer gespielt – es wird dort partiell gestrichen, wo es offensichtlich notwendig ist und eine Marmorierung der Wände ist das Ergebnis..). Auch meine Gastfamilie traf sich inzwischen fast täglich in der Küche zu Krisensitzungen an denen auch Familienmitglieder teilnahmen, die nicht hier wohnen. Das Thema der Treffen: Weihnachten. (wird in Uganda am 25.12. gefeiert) Dieser spezielle Tag sollte in unserem Haus zelebriert werden: Mr. James und Familie laden ein! Die Einladungslisten, auf die ich einen Blick werfen konnte umfassten 5 A4 Seiten, dicht beschrieben. Es wurde ein Programm erstellt mit Uhrzeit und verantwortlicher Person, es wurden Komitees gebildet und Einladungskarten und -SMS verschickt. Einen solchen organisatorischen Aufwand fürs Weihnachtsfest habe ich bisher in noch keiner deutschen Familie erlebt.. Als dann der erste Advent heran gekommen war, verbrachte ich diesen in der Gastfamilie und teilte mit allen meine Lebkuchen, die auf großen Anklang stießen. Den darauffolgenden Sonntag fuhren Iselin und ich an den Victoriasee (wenn schon eine seltsame Adventszeit, dann wenigstens komplett „verkehrt“) und gruben unsere Füße in den Sand und hielten unsere Nasen in die äquatoriale Sonne. Man kommt sich dort wirklich vor, wie am Meer – wunder, wunder schön!

Die Trockenzeit bringt nun nicht nur die offensichtlichen Dinge wie Trockenheit, Hitze, sehr viel Staub und Dreck, eine hohe Geruchsintensität und leere Wassertanks mit sich, sondern auch Grashüpfer und Mangos. Letzteres wurde von uns Freiwilligen mit großem Hallo begrüßt: frische Mangos für ca. 10 bis 20 Cent! Die Grashüpfer hingegen lösen bei der örtlichen Bevölkerung einen regelrechten Hype aus. Man kann diese tassenweise, fast überall, kaufen: an jeder Straßenecke, durchs offene Matatufenster oder bei der Nachbarin. (Ensenene = Grashüpfer) Mit „Ensenene, Ensenene“-Rufen werden einem Plastiktütchen mit den Tierchen unter die Nase gehalten. Erwerben kann man diese in verschiedenen „Verarbeitungsstadien“: lebend, tot ohne Gliedmaßen oder bereits frittiert und gewürzt. Mit jedem Schritt werden die Grashüpfer teurer. Bekommt man die naturbelassene Variante noch für 15cent pro Tasse, so bezahlt man für die gerupften Tiere schon 50cent und für die verzehrfertige Variante 1€ und mehr. Angelockt durch riesige Scheinwerfer springen/fliegen die Insekten in Trichter aus Wellblech aus denen sie dann nicht mehr von allein heraus kommen. Meine Grashüpfererfahrung kam ziemlich unvorbereitet am 3. Advent. Ich hatte mich gerade, noch völlig verschlafen, aus meinem Zimmer in Richtung Latrinen getraut, festgestellt, dass ein verregneter grauer Gewitterhimmel über mir hing und wollte mich eben wieder mit Buch und Tee ins Bett bewegen als ich über eine Schüssel lebendiger Grashüpfer in unserer Küche stolperte.


Rose, meine Gastschwester, fragte mich ob ich Angst vor den Tierchen hätte und nachdem ich das unsicher verneint hatte bat sie mich um Hilfe bei der Zubereitung. Da kann ich ja schlecht nein sagen, außerdem roch das nach einer der Erfahrungen, die ich mir erhofft hatte zu machen. „Rose, wie tötet ihr die Grashüpfer denn?“ Als Antwort bekam ich nur einen verständnislosen Blick, sie tauchte ihr Fingerspitzen in Asche, schnappte sich ein kleines grünes Tier und begann ihm systematisch Beine, Flügel und Fühler auszurupfen. Der immer noch lebende und sich windende Rumpf des Tieres wurde in eine zweite Schüssel geworfen. Aha – die Tiere werden also nicht getötet, zumindest nicht „kurz und schmerzlos“. Na gut: dann mal ran! Für die nächsten drei Stunden rupfte ich also Grashüpfer, was zu Anfang gar nicht so einfach war, wie es aussah, denn die Grashüpfer winden sich, beißen und der Körper ist ganz weich, so dass man sehr genau schauen muss, wo man sie anfasst damit man sie nicht zerquetscht, wenn man ihnen Beine und Flügel ausreißt.
Nach dem Rupfen werden sie nochmal gewaschen und dann zusammen mit Zwiebel, Paprika, Tomate und Gewürzen in Öl angebraten. Fertig schmecken sie ein bisschen wie Chips, ein bisschen nach Schrimps (auch die Konsistenz ist ähnlich der Meerestiere) und ein bisschen nach.. Grashüpfer?

der restliche Eintrag folgt innerhalb der nächsten beiden Tage also schaut dann bitte nochmal rein

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