Donnerstag, 18. Juni 2015

Und was machst du eigentlich außer Reisen? TEIL II – die Freizeit


Meine Freizeit hier.. die sieht grundsätzlich gar nicht so anders aus, als in Deutschland.
Ich gehe zweimal die Woche zu einem Tanzkurs “African Contemporary” und sporadisch zu Salsa und Yoga. Dabei kompensiere ich durch ersteren allerdings eher meinen akuten Bewegungsmangel, denn einfach mal früh joggen gehen ist hier leider nicht machbar. Warum? Wenn ich joggen gehe, dann möchte ich neben meiner Musik im Ohr und der möglichst hübschen Umgebung, durch die ich laufe, nichts wahrnehmen. Hier schreien einem aber gefühlt 100 Kinder vom Straßenrand „Mzungu! Bye Mzungu!“ hinterher, Männer erkennen in einem „my future wife!“ und Frauen lachen darüber, was die Weiße da schon wieder treibt. So laut kann man wohl leider seine Musik nicht stellen und sollte es auch nicht, da man einen Großteil der Aufmerksamkeit bei dem etwas unberechenbaren Verkehr haben sollte. Neben diesen Dingen, die man vielleicht mit viel Nervenstärke noch ignorieren könnte, ergeben sich noch Hindernisse wie sehr schlechte Straßen, keine Fußwege, Einatmen von Staub, Abgasen, Müllverbrennung und klimabedingt ist Laufen nur sehr früh oder sehr spät möglich (beides Uhrzeiten, wenn ich nicht unbedingt allein durch die Gegend laufen muss). Ich könnte natürlich in ein etwas besseres Viertel von Kampala fahren, da fallen viele dieser Probleme weg, aber dafür fehlt mir dann doch der Antrieb.. Also bleibt sporttechnisch mein Tanzkurs (der auch echt super anstrengend ist), ab und an mal andere Kurse, Schwimmen und … Tanzen im Club.
Ja – na klar gehen wir hier am Wochenende auch weg. Ich betreibe das nicht so exzessiv wie andere (wenn man wollte, könnte man sich wohl 7 Tage die Woche hier ins Nachtleben stürzen – die Angebote sind da) aber ab und an mal mit den Freunden durch die manchmal sommerlich warmen, manchmal herbstlich kühlen Nächte tanzen - das ist schon schön. Ich persönlich bin ein bisschen pingelig, was das „wo“ betrifft, weil ich auch nach fast 9 Monaten mit dem Tanzstil des einen oder anderen Uganders nicht so entspannt umgehen kann – meinen Raum brauche (da fallen für mich viele „local-clubs“, also mit geringem Weißenanteil, raus), mir nicht jede Musikmischung zusagt und ich auch möglichst nicht zu weit von zu Hause sein möchte (Nachts wird es schon kalt auf dem Boda – da wird die Fahrt mit jedem km unangenehmer).. Ich habe also jetzt nicht den besten Einblick in Kampalas Weggeh-Szene bekommen aber trotzdem wird wohl die Umstellung zurück zu deutschen Tanzflächen mit Wehmut begleitet sein.

"Uncle Walters African Contemporary Dance Class"

Durchs Tanzen und die da entstandenen Bekannt- und Freundschaften nehme ich in letzter Zeit ziemlich viel aus Kampalas Kulturszene mit. Tanzshows, Auftritte von Bands, Schauspiel, Kurzfilmpräsentationen, Workshops zu verschiedenen Themen, Festivals..


Ansonsten genieße ich es, mit einem Buch einen richtig guten Kaffee trinken zu gehen, zu Hause zu kochen (macht mit dem günstigen und frischen Gemüse einfach mehr Spaß als wenn man bei RE** einkaufen muss), es sich an einem verregneten Sonntag mit Film oder Serie gemütlich zu machen, durch Stoffläden zu stöbern, mit Deutschland zu kommunizieren und mich mit Freunden zu treffen (andere Freiwillige, Kollegen, junge Menschen aus der „Künstlerszene“ und Menschen bei denen ich mir gar nicht mehr so sicher bin, wie diese in mein Leben getreten sind).

Und dann gibt es natürlich noch die unangenehmen Freizeitfüller: Wäsche waschen (obwohl ich zumindest meine Bettwäsche inzwischen waschen lasse – diese wird bei mir einfach nicht richtig sauber, dafür setzte ich unser Bad unter Wasser und meine Hände sind die darauffolgende Woche wund), Wohnung putzen, Bewerbung an Universitäten, Versicherungsformulare ausfüllen..


Und ab und an werde ich eingeladen. Zu Kollegen nach Hause (da wird dann, wenn ich mich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln endlich hingefunden habe, gemeinsam gekocht, Spazieren gegangen, die Familie kennen gelernt) oder zu traditionellen Festen (ich war zum Beispiel im April auf einer „Introduction“ - das ist die ugandische Verlobungsfeier, im Mai auf einer Taufe und von vielen anderen Festivitäten hatte ich schon berichtet).
im Kofferraum auf dem Weg zur Introduction (das Kleid nennt sich Gomez und ist das traditionelle festliche Kleidungsstück für Frauen - wickelt sich ähnlich einem Sari und die Schultern müssen eigentlich "stehen")

die zukünftige Braut
auf dem Weg zur Taufe in Luweero
"local brew" - alkoholisches Getränk, Zutaten variieren - die etwas ungewohnte Erscheinung und der sehr gewöhnungsbedürftige Geschmack dafür nicht wirklich

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